Die Prophetin des Todes
Ihr
langes pechschwarzes Haar reichte bis zu den Hüften. Sie
saß
kerzengerade auf einem violett gepolsterten Hocker und wandte ihm den
Rücken zu. Selbst von hinten bot sie einen bezaubernden
Anblick. Er,
wie ein Arzt völlig in Weiß gekleidet, betrachtete
sie eine Weile,
bevor er sich langsam und geräuschlos näherte.
Ihre langen rosa
lackierten Fingernägel glitten über sechs verdeckte
Karten, die vor
ihr auf einem kleinen Holztisch lagen.
„Du duftest
verführerisch, mein Schatz“, hauchte er ihr ins Ohr.
Ohne zu
erschrecken, schmiegte sie sich an ihn. Seine Lippen liebkosten ihren
Hals.
„Welche Karte wählst du?“, fragte sie
heiser.
„Die
dritte von links.“
Sie schlug die Karte auf. In dem Moment
drehte er den Hocker zu sich, um sie auf den Mund zu küssen.
Dann
zog er sich einen Stuhl heran und deutete auf die aufgeschlagene
Karte. „Ein Jüngling auf dem Thron mit Krone und
Schwert“,
beschrieb er die Abbildung, „das könnte mir gefallen
und passt zu
mir.“
„Du übersiehst die Waage rechts, mein Lieber.
Außerdem
ist das kein Jüngling, sondern ein königlicher
Richter. Das ist die
Karte der Gerechtigkeit.“
„Muss ich mich jetzt fürchten?“
Angst heuchelnd zog er die Schultern hoch und verschränkte
seine
Arme vor der Brust.
Sie lachte auf. „Keine Sorge. Hier geht es
um das, was größer ist als wir. Nämlich um
das Göttliche in uns
und um den bewussten Umgang mit Lust und Lebenskraft.“
„Klingt
schon besser.“ Er grinste schelmisch. Seine Hände
landeten auf
ihren Oberschenkeln. „Und was sagt die Karte über
die Liebe?“
„Das
vorherrschende Rot ist die Farbe der Libido und des Herzblutes. Doch
der Mensch soll sich nicht nur von Begehren lenken lassen, sondern
verantwortungsvoll handeln.“
„Du Biest kannst mir alles
erzählen.“ Er stand auf und hob sie hoch. Sie
zappelte jauchzend
wie ein Kind. „Lass mich wieder runter, du Schuft“,
kreischte sie
mit gespielter Abwehr.
„Nur, wenn du brav bist und mir keine
Märchen erzählst.“ Er ließ sie
runter und klatschte ihr auf den
wohlgeformten Hintern.
Sie sah auf ihre Armbanduhr. „Gibt es
vor dem Auftritt noch etwas zu besprechen?“ Ihr Ton klang
sachlich.
„Du spielst die wundersam Geheilte bestimmt perfekt.
Da mache ich mir keine Sorgen. Eigentlich bin ich nur gekommen, um
dich mit nach draußen zu nehmen. Lass uns vor Beginn der Show
noch
eine rauchen.“
Vorsichtig
öffneten sie die Tür und vergewisserten sich, dass
die Luft rein
war. Dann schlichen sie wie zwei Diebe aus der kleinen Garderobe.
Keiner der beiden bemerkte, dass sie beim Verlassen des
Gebäudes
beobachtet wurden.
Die Dunkelheit des Abends gab ihnen das Gefühl
von Sicherheit. Hinter dem geparkten Wagen eines Catering-Services
verschanzt, zündeten sich beide ihre Zigaretten an.
„Das
Versteckspiel beim Rauchen ist das Einzige, was ich an meinem Beruf
hasse“, flüsterte er und blies weiße
Rauchschwaden in die
Luft.
„Alles hat seinen Preis“, entgegnete sie.
Plötzlich
erstarrten ihre Gesichtszüge. Zwei Gestalten hatten sich aus
der
Dunkelheit geschält. Trotz spärlichem Licht war es
deutlich zu
erkennen. Jemand hielt eine Pistole an die Schläfe ihres
Partners
gepresst. Im selben Moment wurde sie grob am Arm gepackt.
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Bei
einem Esoterik-Kongress in Linz verschwindet der Wunderheiler Erich von
Eulenschrei spurlos. Buchner und sein Kollege Stifter ermitteln in
Esoterik-Kreisen. Als schließlich ein Mord geschieht,
führt
sie die Spur zu einem katholischen Priester. Der Eigensinn und die
Sturheit des Mannes lässt Buchner auch an der katholischen
Kirche
zweifeln. Eine Wahrsagerin, die den Tod des Heilers voraussieht, ein
verschwundener Ring mit Heilkraft. Buchner und Stifter verstricken sich
in einen komplizierten Fall zwischen undurchsichtigen Zeugen und
zweifelshaften Heilsspendern.
Die Prophetin des Todes
Kriminalroman von Helga Weinzierl
Taschenbuch, 200 Seiten, € 12,90 (A)
ISBN 978-3-903092-13-6
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Der Titel ist
auch als e-book erhältlich
Weltbild
Amazon
Thalia
Von Helga Weinzierl bisher
erschienen
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All
in
978-395027-511-7
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Stahlglatt
978-3-902784-17-9
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Ein
tödliches Geheimnis
978-3-99074-005-7
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Helga Weinzierl
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