Dornen in meiner Haut

Niemals hätte Ditmir Adrian sich gedacht, dass der Moment seines Todes sich als der schönste Augenblick seines Lebens herausstellen sollte. Es war ein Moment der Erlösung, den er inniglich herbeisehnte. Noch vor wenigen Stunden wäre ihm die Vorstellung, sterben zu wollen, undenkbar erschienen.
Doch nun, in der Nacht des vierzehnten Septembers, war das Unwahrscheinliche eingetreten. Er bemerkte, wie trotz der unerträglichen Schmerzen, die seinen Körper zerfraßen, ein leichtes Lächeln über seine Lippen huschte, als sein Leben sich dem Ende zuneigte. Und in diesem Moment fühlte er sich frei wie noch nie.
Der Geruch nach Blut, seinem Erbrochenen und Urin, den er verloren hatte, als sein Körper unter den Schmerzen die Kontrolle verlor, waren die letzten Wahrnehmungen seines Geruchssinnes, die offenen Wunden und Knochensplitter die letzten optischen Eindrücke und das gemeine Lachen seines Peinigers war das Letzte, was er wahrnahm.
In diesem Augenblick, als die Qualen, die er stundenlang durchgemacht hatte, endlich bald für immer vorbei sein würden, durchströmte ihn ein unsagbares Glücksgefühl. Und so starb er mit einem leichten Lächeln im Gesicht. 

Aus dem mächtigen Spiegel im Foyer betrachtete ihn sein Ebenbild. Maximilian Wolf schritt näher und schaute ihm in die Augen. In dem Moment, als sich die Blicke trafen, rann ihm ein Schauer über den Rücken. Was er sah, war sein zweites Ich, eine Gestalt, die er nicht kannte, jemand den er verachtete – es war das Böse in ihm.


Dornen in meiner Haut
Thriller von Gunther Polnizky
Hardcover, 216 Seiten, € 19,90 (A)
ISBN 978-3-99074-028-6




Dornen in meiner Haut ist auch als e-book erhältlich

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Gunther Polnizky

     

 

     

 

 
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