Ein tödliches Geheimnis
Wut
kann ein Gesicht entstellen. Florian starrte in die Fratze des Mannes,
der die Waffe auf ihn richtete, und erschrak. Es war etwas
Stärkeres als Zorn, was das Antlitz seines Gegenübers
verunstaltete. Nämlich abgrundtiefer Hass.
„Es war nicht meine Schuld“, stammelte Florian,
ohne zu glauben, dass seine Worte etwas bewirkten.
„Du hättest schweigen sollen“,
flüsterte der
Mann. Florian nickte. Es wäre besser gewesen, alles
für sich
zu behalten. Wie ein brodelnder Vulkan hatte die Wahrheit in ihm
geschlummert, bis er es nicht mehr geschafft hatte, sie zu
bändigen. Sie musste aus ihm herausbrechen, er hatte sie nicht
mehr für sich behalten können, sie war
stärker gewesen
als er. Nun musste er für seine Schwäche
bezahlen.
„Was hast du vor?“ Florians Stimme klang hoch und
dünn
wie die eines Knaben. War es die Angst, die ihm seine Stimmgewalt
raubte? Oder war es die Gewissheit, in der richtigen Rolle zu stecken?
War er tatsächlich schuldlos? Er saß hier an seinem
Wohnzimmertisch, die Pistole an der Schläfe und
fühlte sich
als Opfer bereit, der Gerechtigkeit Genüge zu tun. Unsinn. Er
hatte zu viel getrunken. Eine volle Flasche Wein hatte er geleert,
bevor es geklopft hatte und der späte Besuch erschienen war.
Alkohol vernebelte bekanntlich die Sinne. Nur deshalb kam er auf diese
unsinnigen Gedanken.
„Schreib!“, befahl der Mann. Mit seiner freien Hand
nestelte er kurz in seiner Jackentasche und legte schließlich
Kugelschreiber und einen leeren Zettel auf den
Tisch.
„Wie? Ich verstehe nicht.“
„Ich sage dir, was du schreibst.“
Florian gehorchte. Zitternd notierte er, was der Mann ihm diktierte.
Nach den ersten beiden Sätzen entglitt ihm der Stift.
„Das
kann nicht dein Ernst sein“, stieß er hervor.
„Schreib weiter!“
„Niemals!“
„Du tust, was ich dir sage, oder ich blase dir dein Hirn aus
dem Schädel.“
Florian verschränkte die Arme und schloss seine Augen.
„Dann
schieß endlich“,
stieß er keuchend hervor,
„drück ab, wenn du glaubst, einen Freund richten zu
müssen.“
„Freund?“ Der Mann spie das Wort wie eine Kakerlake
aus
seiner Kehle. „Wie kannst du es wagen, dich als Freund zu
bezeichnen. Du hast mich nur benützt! Es ging dir nur darum,
dein
Gewissen zu erleichtern.
„Ich wusste doch selbst nicht…“
„Schweig! Du unseliger Bastard.“ Der Mann neigte
seinen
Kopf und hauchte Florian ins Ohr. „Wenn du gleich sterben
willst,
ohne niederzuschreiben, was ich dir sage, ist das auch
recht.“
Seine wutverzerrten Züge entspannten sich plötzlich.
Mit
ruhigem Ton fuhr er fort. „Aber dann bin ich leider
gezwungen,
deine liebe Tochter aufzusuchen.“
Florian fühlte sich von tausend Pfeilspitzen durchbohrt. Mit
weit
aufgerissenen Augen starrte er seinen Widersacher an. „Du
lässt deine dreckigen Finger von Julia“, fuhr er ihn
an.
„Dann gehorche“, forderte der Mann mit der
Pistole.
Florian ergriff den Kugelschreiber. Er hatte keine andere Wahl.
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Der
Selbstmord ihres Vaters wirft für Julia viele Fragen auf. Sie
will
nicht an den Suizid glauben und begibt sich auf Spurensuche. Welch
schreckliches Geheimnis überschattet ihre Familie? Bei ihrer
Recherche trifft sie auf Norbert Gruber. Gemeinsam mit ihm versucht
sie, das Rätsel der Vergangenheit zu lösen. Dabei
gelangt sie
mehr und mehr zur Erkenntnis, dass ihre Familien durch ein
tödliches Band miteinander verbunden sind - während
der
Mörder unsichtbar im Hintergrund auf seine Chance wartet.
Ein tödliches Geheimnis
Kriminalroman von Helga Weinzierl
Taschenbuch, 240 Seiten, € 12,90 (A)
ISBN 978-3-99074-005-7
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Der Titel ist
auch als e-book erhältlich
Weltbild
Amazon
Thalia
Von Helga Weinzierl bisher
erschienen
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All
in
978-395027-511-7
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Stahlglatt
978-3-902784-17-9
|
Die
Prophetin des Todes
978-3-903092-13-6
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Helga Weinzierl
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