Tod im Zickenwald
»Ich bin besorgt, wo Peter ist.
Hoffentlich
ist ihm nichts zugestoßen«, sagte Irmgard, von
einem
Fuß auf den anderen steigend.
»Vielleicht hat er ein Glas zu viel getrunken und ist bei
Thea in
der Küche eingeschlafen«, erwiderte Dara gelassen
und
spielte auf einen Vorfall an, der sich vor einem halben Jahr zugetragen
hatte.
»Nein, dort ist er nicht. Ich war schon bei Tante
Thea«, entgegnete Irmgard verärgert.
»Oder er ist im Wirtshaus«, überlegte Dara
und lehnte sich müde gegen den Türstock.
»Er fährt nicht fort, ohne es mir zu sagen.
Außerdem ist das Auto in der Garage.«
»Ein braver Mann, dein Peter.«
Irmgard entnahm dem Ton dieser Worte nicht, ob sie lobend oder
höhnisch gemeint waren.
»Möglicherweise ist ihm etwas zugestoßen
und er liegt
neben dem Weg. Ich werde dir helfen«, bot Dara ihre
Unterstützung an und schlüpfte in ihren Morgenmantel.
»Nehmt die große, grüne Taschenlampe
mit!«, war
die hohe Greisenstimme von Fritz aus den Tiefen des Hauses zu
vernehmen. Offensichtlich war er aufgewacht. Trotz seines hohen Alters
war er geistig voll fit.
Die beiden Frauen suchten den gesamten Weg gemeinsam ab. Weder im
Straßengraben noch in den angrenzenden Wiesen und Feldern
fanden
sie Peter.
»Es ist ihm etwas zugestoßen. Wenn ich nur
wüsste, wo
er ist. Ich werde die Polizei verständigen«, verlor
Irmgard
zunehmend die Beherrschung.
»Ruf ihn noch einmal an!«, versuchte Dara zu
beruhigen.
»Wie oft noch?«, rief Irmgard verzweifelt und
probierte es erneut, aber auch diesmal vergebens.
»Er hebt nicht ab. Ich halte diese Ungewissheit nicht mehr
aus.«
Nervös schritt sie auf und ab.
»Vielleicht hat ihn jemand mitgenommen. Er hat sein Handy aus
Versehen abgeschaltet und alles ist völlig harmlos.«
»Wohin soll er denn mitgefahren sein? Es ist halb zwei Uhr in
der Nacht.«
»Zu Architekt Steiner? Peter erzählte mir, dass die
Gespräche wegen des Verkaufes des Dreikanters heute Nachmittag
in
einem wilden Streit geendet haben.«
»Diese blöde Bruchbude bringt nur
Verdruss.«
Irmgard wählte die Nummer von Steiner. Geduldig wartete sie
darauf, dass sich jemand meldete, doch das Läuten schien
ungehört zu bleiben. Sie war gerade dabei, die Verbindung zu
unterbrechen, da wurde abgehoben.
»Steiner«, klang es unwillig.
»Irmgard Zeiler. Verzeihung, aber ich vermisse Peter. Ich
habe ihn schon überall gesucht. Ist er bei Ihnen?«
»Wirklich nicht«, war die kurze Antwort, die das
Gespräch beendete.
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Dunkelheit
breitete sich über dem Südburgenländischen
Hügelland aus. Still lag der kleiner Weiler Zicken in der
Finsternis der Nacht. Peter Drabits sah auf der anderen Seite des Tales
bei seiner alleinstehenden, alten Tante noch Licht brennen. Lag sie
wieder hilflos am Boden, weil sie gestürzt war? Er beschloss,
hinüberzugehen und nach dem Rechten zu sehen. Doch er kam
nicht
mehr zurück.
Tod im Zickenwald
Kriminalroman von Thomas Himmelbauer
Taschenbuch, 229 Seiten, € 12,90 (A)
ISBN 978-3-99074-020-0
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Der Titel ist auch als
e-book erhältlich
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Von Thomas Himmelbauer bisher
erschienen
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Tod
bei Güssing
978-3-902784-62-9
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Tod an der Pinka
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Thomas Himmelbauer
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