Tödliche Wogen
Mühlviertel-Krimi
»Erich?«, hörte ich Udo am anderen Ende der Leitung.
»Ja, was ist los?«
»Was machst du gerade? Kannst du auslassen?«
»Ja, klar. Die Autoschieber laufen mir schon nicht davon«,
musste ich über meinen schlechten Witz beinahe selber lachen.
»Gut. Dann fahr bitte nach Mitterkirchen zum Kraftwerk.«
»Was ist da passiert?«, war ich neugierig.
»Die Sache ist noch unklar. Arbeiter haben möglicherweise
Leichenteile gefunden. Schau mal nach dem Rechten und gib
mir dann eine Rückmeldung«, erklärte Udo.
»Bin schon unterwegs«, legte ich auf und startete meinen
Wagen.
Ich aktivierte das Blaulicht und ließ die Reifen quietschen.
Die anderen Verkehrsteilnehmer stoben zur Seite und versuchten mir Platz zu machen. Mit hundertzwanzig Sachen brachte
ich den schneenassen Asphalt unter mir zum Kochen. Endlich
passierte etwas Spannendes und ich durfte an vorderster Front
dabei sein. Es kribbelte in den Eingeweiden. Dafür war ich zur
Polizei gegangen. Das war mein Metier.
Neun Minuten später erreichte ich die Kraftwerkszufahrt. Die
Ampel für die Straße, die über das Kraftwerk nach
Niederösterreich führte, stand auf Rot. Vor mir erkannte ich
einen Streifenwagen, der trotzdem bereits auf dem Weg auf die andere
Seite der Donau war. Also ignorierte ich ebenfalls das rote Ampellicht
und setzte nach Süden über.
Auch die niederösterreichischen Kollegen waren soeben
eingetroffen. Im selben Augenblick war mir klar, dass es zu
Kompetenzstreitigkeiten kommen würde. Ich wusste, dass
im Kraftwerksbereich die Bundeslandgrenzen wirr kreuz und
quer liefen. Das Kraftwerk in Mitterkirchen und Wallsee war
das erste dieser Art gewesen, das in den Sechziger Jahren des
letzten Jahrhunderts in Trockenbauweise errichtet worden
war. Durch das Kraftwerk wurde der Flusslauf begradigt, was
sowohl für die Stromgewinnung als auch für die Schifffahrt von
Vorteil war.
Die Bundeslandgrenzen verliefen aber nach wie vor in der Mitte des
ehemaligen Flusslaufes, Die niederösterreichischen Kollegen hatten
mit dem Überqueren der kleineren Brücke über den
Donau-Altarm bereits ihr Hoheitsgebiet verlassen. Das würde ich
auch in aller Deutlichkeit klarstellen. Ich stellte meinen Wagen neben
den beiden Streifenwagen ab und beeilte mich, die Kollegen einzuholen,
die bereits damit begannen, den Tatort abzusperren. Ich zückte
meine Dienstmarke und schlüpfte unter dem Absperrband
hindurch.
»Wer hat die Leiche gefunden?«, fragte ich lauter, als ich es
geplant hatte.
Die Umstehenden drehten sich überrascht zu mir um.
»Was machen Sie …?«, wollte der Uniformierte wissen,
beendete seinen Satz aber nicht, als er meine Marke wahrnahm.
»Das ist unser Einsatz«, wollte sein Kollege aufbegehren.
»Sagt wer?«, erwiderte ich forsch.
»Die Leiche wurde auf der Südseite der Donau
herausgefischt, also ist es unser Fall«, stemmte dieser die Arme
in die Hüfte.
»Wenn du dich da mal nicht täuscht, Junge«, lächelte ich
milde und sah den Strommeister an, den ich seit vielen Jahren
kannte.
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Abteilungsinspektor
Erich Oberbacher ermittelt gerade gegen eine Autoschieberbande, als er
zum Donaukraftwerk Mitterkirchen-Wallsee gerufen wird. Bei
Reinigungsarbeiten im Staubecken wurde eine männliche Leiche
entdeckt, bei der es sich um Richard Achhorner handelt. Achhorner war
Nebenerwerbslandwirt und Obmann der ortsansässigen
Bürgerinitiative gegen die geplante neue Donaubrücke in
Mauthausen und war seit einigen Wochen spurlos verschwunden.
Während die Ermittler des LKA den Fall bald als Suizid zu den
Akten legen, ermittelt Abteilungsinspektor Oberbacher auf eigene Faust
weiter. Verdächtige gibt es genug, Motive auch.
Tödliche Wogen
Kriminalroman von Werner Wöckinger
Taschenbuch, 256 Seiten, € 13,90 (A)
ISBN 978-3-99074-203-7
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Der Titel ist
auch als ebook
erhältlich
Weltbild
Amazon
Thalia
Von Werner
Wöckinger bisher erschienen
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Tödliche
Gala
978-3903092-94-5
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Tödliche
Inszenierung
978-3-99074-023-1 |
Tödliche
Finte
978-3-99074-069-9
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Schlafe
sanft
978-3-99074-140-5
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Tödliche Wogen
978-3-99074-203-7
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Werner Wöckinger
geboren 1967 in Linz, lebt mit seiner Frau
und
seinen drei Söhnen in Mauthausen. Der hauptberufliche
Rettungssanitäter hat neben lyrischen Texten und mehreren
Theaterstücken bereits sechs Kinderbücher und zwei
Kriminalromane, den Ökokrimi »Die Sonne geht nie
unter« und das Flüchtlingsdrama
»heimat.fremde«,
veröffentlicht.
Nähere Informationen zu seinen
Publikationen finden Sie auf:
www.wernerwoeckinger.at.
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