Vermisst
Das Verschwinden der Signora Maci
Durch die Vorhänge an der wandbreiten Fensterfront
sickerte spärliches Licht und tauchte den Raum in eine
rötliche Dämmerung. Musik floss aus den Lautsprechern
an der Decke. Leicht gebeugt saß sie mit gesenktem Kopf
und angewinkelten Knien auf dem Bett, mit den Händen
stützte sie sich auf ihre Oberschenkel. Wie in Trance
wiegte sie ihre Hüften zum Rhythmus der Musik. Seit
Rosaria den kroatischen Cellisten in der Arena von Pula
erlebt hatte, begleitete seine Musik sie immer wieder
zur vollkommenen Entspannung. Bei den letzten Takten
wurden ihre Bewegungen schneller, heftiger, mit den
finalen Bogenstrichen stieg ein Beben in ihr hoch, sie
ließ sich vornüberfallen und biss in die Bettdecke, um
den Schrei zu unterdrücken. So blieb sie liegen bis sie
wieder zu Atem gekommen und das Zittern verebbt war.
Als sie spürte, wie er sich aus ihr zurückzog, richtete sie
sich wieder auf. Für diese Nacht waren ihre Bedürfnisse befriedigt. Sie duschte lange und ausgiebig. Nur mit
einem Handtuch um ihre feuchten Haare ging sie in die
Küche und machte sie sich an der Kaffeemaschine zu
schaffen.
„Du auch?“
„Wenn du schon dabei bist!“
Während die Espressi aus der Maschine liefen, öffnete
sie eine neue Champagnerflasche, füllte zwei Gläser und
stellte sie auf die Kücheninsel neben die vorbereiteten
Untertassen. Kaum hatte er seines gierig geleert, stellte
er sich hinter sie, umfasste kurz ihre Brüste, drückte sie
nach vorne über den Tresen. Mit ein paar schnellen Bewegungen löste auch er seine Spannung.
„Du solltest jetzt besser gehen!“, sagte sie ein wenig später und räumte die beiden Kaffeetassen in den
Spülmaschine.
„Warum? Haben wir nicht gerade erst angefangen?“
Er hob sein leeres Glas in die Höhe.
„Eines noch!“, gab sie nach und füllte die beiden Gläser
noch einmal. Seines stellte sie auf den gläsernen Couchtisch, mit ihrem setzte sie sich in den weißen Fauteuil.
„Für heute hast du genug gehabt“, lächelte sie, während
sie ihre Knie weit auseinanderfallen ließ.
„Ich glaube nicht!“, widersprach er und zog sie an den
Händen hoch.
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Die
erfolgreiche, aber für ihre fragwürdigen
Verteidigungsmethoden berüchtigte Anwältin Rosaria Maci
verschwindet spurlos. Ist ein bizzares Liebesspiel aus dem Ruder
gelaufen? Ist sie einem ihrer Liebhaber zum Opfer gefallen? Hat sich
einer ihrer Prozessgegner gerächt? Ist sie der apulischen Baumafia
in die Quere gekommen? Oder war am Ende alles ganz anders? Josef
Vierziger macht sich auf die Suche nach der Dottoressa Maci und
stößt auf Abgründe..
Vermisst
Kriminalroman von Joseph Lemark
Taschenbuch, 269 Seiten, € 13,90 (A)
ISBN 978-3-99074-179-5
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Vermisst ist auch als
e-book
erhältlich
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